Historische Straßen im Schlichemtal
Auf der 33 km langen Strecke führt der Schlichemwanderweg bei Schömberg über alte Post- und Handelswege. Unterhalb des Staudamms treffen wir auf die erste Trasse der Schweizerstraße, die schon im Mittelalter vom württembergischen Straßenknotenpunkt Cannstatt nach Schaffhausen führte.
In einer alten Schömberger Chronik aus dem Jahr 1864 ist zu lesen:
„Die alte Schweizerstraße führte vom Palmbühl kommend an der unteren Mühle vorbei und dann im Tal hinter der Mauer (Stadtmauer) unterhalb der Kirche und außerhalb der Friedhofmauer vorbei. Nach der Kirchhofmauer eine links Kurve Richtung Neuhaus- Wellendingen. Durchs Dörfle (Dorfgasse) ging eine Abzweigung nach Rottweil.“
Es existiert ein Lageplan (1786), in dem es um den Bau der Kirche geht. Dort ist die Straße so eingezeichnet, wie oben beschrieben mit dem Hinweis „Die alte farr Strass“. Im gleichen Plan ist auch schon „Die neue Strass“ vermerkt. Das ist dann die Schweizerstraße, wie sie ab 1786 verlief, nachdem die große Bogenbrücke über der Schlichem fertig war. Von hier führte die Straße mitten durch Schömberg. Heute erinnert der Name „Alte Hauptstraße“ an diese Zeit. Ebenso die „Schweizerstraße“, die beim Marktplatz beginnt und heute noch Richtung Neuhaus – Wellendingen führt.
Zu dieser Straße lässt sich eine kleine Anekdote aus einem Tagebuch von Johann Wolfgang v. Goethe, von seiner dritten Reise in die Schweiz erzählen. Datum 3. August 1797. „Schömberg, starker Stieg, den vor einigen Jahren ein Postwagen hinunterrutschte. Der Ort ist schmutzig und voller Mist, er ist wie Balingen als Städtchen enge gebaut und in Mauern gezwengt und wird von Güterbesitzern bewohnt, die nun keine Höfe haben.“
Goethe hat wohl genau beobachtet. Es ist von der Palmbühlkirche hinab ins Schlichemtal sehr steil und genau so steil die andere Seite hoch in Schömbergs Altstadt. Es war mit eine der gefährlichsten Strecken der Schweizerstraße. Mit dem Mist hat er wohl ebenfalls recht.
Schömberg hatte damals einen überdurchschnittlich hohen Viehbestand - viel Vieh, viel Mist.
Die Schweizerstraße war die erste überregionale Fernstraße in unserer engeren Heimat.
Im Mittelalter war sie wohl ein unbefestigter Fahrweg, auf dem Boten und Reiter mit Botschaften der Herrschenden und Höhergestellten unterwegs waren.
Von 1490 an waren die Habsburger aufgrund der Ausdehnung ihres Reiches auf eine gut funktionierende und schnelle Nachrichtenübermittlung angewiesen. Um dieses zu erreichen, beauftragten sie die Familie „Taxis“, die schon vorher in Italien tätig war, mit dieser Aufgabe. Eine öffentliche Aufgabe wurde somit privatisiert. Die Taxis organisierten die Nachrichtenverbindung in einer Art Stafettensystem. Von „A“ nach „B“ und zurück. Jetzt neu sortiert und weiter nach „C“. Bestehende Straßenknotenpunkte wurden erweitert oder teilweise neu angelegt. Zu den bisher üblichen Botschaften der Herrschenden kamen jetzt auch private Botschaften von Kaufleuten usw. Die Beförderung von Botschaften wurde ausgeweitet auf Warentransport und auch auf Personenbeförderung.
Um 1490 fuhr eine Landkutsche von Cannstatt nach Schaffhausen. Vorher waren diese schon von Cannstatt zu den Knotenpunkten nach Frankfurt bzw. Augsburg unterwegs.
Jetzt waren natürlich befestigte Straßen gefragt. Diese zu bauen war Aufgabe der einzelnen
Staaten. Diese waren nicht abgeneigt, das zu übernehmen, da durch den Warenverkehr Zolleinnahmen zu erwarten waren. Es entstanden wieder gut gebaute Fernverbindungen wie die Römer sie schon 1200 Jahre früher gebaut hatten.
Oft wurde um die Streckenführung gerungen. So auch beim Bau der Schweizerstrasse.
Ab Cannstatt führte die Straße auf württembergischem Gebiet über Tübingen – Balingen bis kurz vor Schömberg. Hier begannen die Vorderösterreichischen Lande, also Habsburger Gebiet. Anstelle der Straßenführung der heutigen B 27 nach Rottweil - auch eine Art Schweizerstraße - wurde die Strecke über Wellendingen - Spaichingen geführt. Rottweil war freie Reichstadt und mit dieser wollten weder die Württemberger noch die Habsburger die Zollgebühren teilen.
Bei Tuttlingen wurde wieder württembergisches Territorium erreicht. Habsburg plante die Straße über Stockach weiter zu bauen, das wäre dann Habsburger Land gewesen. Es gab aber Konflikte, denn Württemberg wollte auch die Fürstenberger an den Zolleinnahmen beteiligen. Letztendlich konnten sich Württemberg und Fürstenberg durchsetzen.
Die Straße wurde ab Tuttlingen steil bergauf zur Eck ins Fürstenbergische geführt und erreichte über Engen die schweizerische Stadt Schaffhausen.
An die Zollstellen, an denen für den Warentransport auf der Schweizerstraße bezahlt werden musste, erinnert in Schömberg das Zollhaus. Heute steht an diesem Ort ein Neubau mit Gaststätte.
Literatur
- Bumiller, C. (2005): Geschichte der Stadt Schömberg. Schömberg.
- Leibbrand, W. (1980): Das Chausseestraßennetz des Schwäbischen Kreises von Bernd Wunder. Postrouten (post course) in Baden-Württemberg 1490 – 1803. In: Historischer Atlas von Baden-Württemberg, hrsg. von der Kommission für Geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg. Stuttgart.
- Chronik des Ignaz Eha aus dem Jahr 1864.
Textbeitrag von Berthold Schuß, Schömberg